Dienstag, 7. Oktober 2008

Reales und Fiktion an der 2nd Avenue

Es ist endlich passiert: Ich habe zum ersten mal von meinen neuen Uni-Kameraden geträumt. In meinem Traum haben die Leute aus South Carolina die aus North Carolina über die 2nd Avenue (Richtung Uptown) gejagt, während ich diesen Jagdszenen entspannt zugesehen hab. Dazu muss man anmerken, dass ich in Wirklichkeit überhaupt keine Leute aus North Carolina in meiner Klasse habe.

An der 2nd Avenue hab ich übrigens Samstag abend eine nette Begegnung gehabt. Jeder Großstädter kennt die Situation: Man läuft gemütlich durch die Stadt, als eine Gruppe exzentrischer Menschen mehr oder weniger aggressiv demonstrierend an einem vorbeiläuft ("Das Ende ist nah!", "Freiheit für Uwe!", "Stoppt den Vulkanismus!", "Tut Buße!","Helmut Kohl muss Hauptstadt bleiben","Hare Krishna","Gott/Allah/Jehova/Jahwe/Satan/Helmut Kohl liebt dich", "Beide Stimmen: CDU"). Es war aber ein komisches Gefühl nicht wie üblich zu denken "Welch pittoresker Anblick! Diese Religions- und Meinungsvielfalt der urbanen Lebenswelt!" bzw. "Oh Gott, Spinner schnell weg hier, bevor sie einen ansprechen", sondern stattdessen "Hi, Tom! Oh, Hi Matthew, thanks for repairing the Internet, Hi Kerel..." zu meinen quasi Mitbewohnern zu sagen. Wenigstens musste ich nicht mitsingen und tanzen.

Der rechteckigen Bauart Manhattans nördlich der Houston Street ("Hausten", nicht wie die Stadt in Texas, den Fehler machen nur Touris") ermöglicht mir außerdem verschiedene Wege zur Uni zu gehen, ohne mich zu verlaufen, was ich natürlich prompt ausnutze. Und alle führen sie mich über die titelgebende 2nd Ave. Dabei gibt es natürlich interessantes zu entdecken. Zum Beispiel eine Feuerwache. In der stehen die seit 9/11 zu Popstars gewordenen Feuerwehrmänner rum und lassen sich von den Groupies angraben und mit Süßigkeiten versorgen. Im Ernst, da möchte man seine Berufswahl glatt nochmal überdenken.
Auf einem anderen Weg passiere ich eine alte Autowerkstatt. Vielleicht ist sie gar nicht alt, sieht aber so aus. Auf jeden Fall steht in ihr eine alte schmutzige unordentliche Werkbank herum, welche man vom Bürgersteig aus gut sehen kann. Dies wiederum führt dazu, dass in 2 von 3 Vorbeigeh-Fällen irgendein anspruchsvoller Foto-Amateur mit seiner digitalen Spiegelreflexkamera mit einem Foto von eben dieser Werkbank den Verfall der blue collar Kultur im anglo-amerikanischen Raum dokumentieren will und sich dabei innerlich selbst für diesen tollen Blick fürs Projekt, den außer ihnen natürlich keiner hat, auf die Schulter zu klopfen.

So, genug vorm Historiography midterm essay gedrückt...

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